Private Club

oder: Das Haus der ausgefallenen Wünsche

Liebe in Zeiten der Lust: In seinem erstmals uncut in Deutschland erhältlichen Erotik-Klassiker nimmt Frankreichs Lustspiel-Spezialist Max Pécas ("Her mit den kleinen Französinnen") den libertinären Hedonismus der 70er Jahre aufs Korn.

Am 16. Januar vor 42 Jahren feierte mit "Das Haus der ausgefallenen Wünsche" ein humorig angehauchtes Lustspiel seine Weltpremiere, das im Œuvre des französischen Erotikfilmers Max Pécas durchaus eine Art Sonderstellung einnimmt. Nachdem der in Lyon geborene Regisseur Anfang der 60er Jahre seine Karriere mit Krimi-Dramen begonnen hatte, in denen ein paar nackte Tatsachen für zusätzliche Aufregung sorgten, stieg er mit Beginn der 70er Jahre vollends ins Sexploitation-Geschäft ein und mauserte sich zum Chronisten der damaligen libertinären Gesellschaftsumwälzungen. In den Pariser Intellektuellen- und Oberschichtskreisen wurde freie Liebe und sexuelle Experimentierfreude offenherzig ausgelebt – und der 1974 entstandene "Privatclub für aufgeschlossene Paare" (so die Übersetzung des französischen Originaltitels) war der schlüpfrige Begleitfilm dazu. 

 Im Zentrum steht Taxifahrer Marcel (Philippe Gasté), der seine Fotomodel-Freundin Lise (Chantal Arondel) über alles liebt. Trotzdem lässt sich der ganze Kerl nicht zweimal bitten, als ihn die wohlhabende Corinne (sehr verführerisch: Denyse Roland unter dem Pseudonym Eva Stroll) in ein Apartment-Bordell einlädt, in dem sie und ihr Dandy-Gatte (Henri Serre) regelmäßig ihre perversen Wunschträume in die fleischliche Tat umsetzen. Nach einem ersten Techtelmechtel mit seiner Gastgeberin vergnügt sich Marcel mit zwei Blondinen – bis er in einem Nachbarzimmer eine Sexphantasie aus 1001 Nacht beobachtet und in der heißen Haremsdame seine Lise erkennt! Mächtig in seiner Macho-Ehre gekränkt nimmt sich Marcel das "Flittchen" zur nackten Brust, wird aber nach dem aufgezwungenen Akt von seiner tief gekränkten Herzensdame in die Wüste geschickt. Deprimiert lässt sich Marcel von Madame Corinne und ihrer Sex-Entourage zu einem Streifzug durch die Pariser Unterwelt erotischer Ausschweifungen überreden, der in einem auf Tempelritter-Festung (!) getrimmten Privatclub endet. Doch selbst vom dekadenten Orgientreiben mag Marcel nicht mehr so recht in Wallung geraten. Von diesem Liebesbeweis tief bewegt, verrät Corinne, dass es für Lises horizontalen Nebenjob entschuldbare Gründe gibt, was wiederum bei Marcel das Herz nicht in der Hose, sondern in der Brust aufgehen lässt.

Dass Max Pécas sein augenzwinkerndes Sittengemälde, in dem er die Konzepte von Liebe und triebgesteuerter Lust aufeinanderprallen lässt, mit einem leicht moralinsauren Happy End auflöst, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass davor in hedonistischen Schauwerten geschwelgt wird. Mit plötzlichen Zooms und Jump-Cuts auf freigelegte Sekundärgeschlechtsteile und langsame Kamerafahrten über nackte Körper kommt "Das Haus der ausgefallenen Wünsche" wie ein Showreel der wirkungsvollsten Erotikfilm-Stilmittel rüber. Dabei geht es selbst in der dank Donau Film erstmals in Deutschland erhältlichen Langfassung, die im Vergleich zur als Bonus enthaltenen deutschen Kinofassung 10 Minuten länger läuft, freizügig aber letztendlich harmlos zu – trotz Lises ausführlicher dargestellten Beischlafbestrafung durch Marcel und eine in der damals berüchtigten Parkanlage Bois de Boulogne gedrehten Szene mit lüsternen Voyeuren. Mit Aufhebung des Pornographie-Verbots schaltete Pécas, der in der Langfassung in einem Cameo als Regisseur von Werbeaufnahmen mit Lise zu sehen ist, 1976 einmalig einen Gang höher und versuchte sich im Drama "Luxure" an expliziter Fleischbeschau. Offenbar mit wenig Spaß an der Freud, denn danach verlagerte sich der  2003 verstorbene Erotikfilmer auf spritzige Teenie-Komödien nach "Eis am Stiel"-Vorbild, von denen hierzulande "Hot Dogs auf Ibiza" (1979), "12 Schwedinnen in Afrika" (1981) und "Her mit den kleinen Französinnen" (1983) zu den bekanntesten Produktionen zählen dürften.

 

"Private Club - Das Haus der ausgefallenen Wünsche" (Originaltitel: "Club privé pour couples avertis") – F, 1974 (84 Min.)