Rachel Rising

Der etwas andere Zombie-Comic

Kleinstadthorror: In der preisgekrönten Mystery-Serie von Comic-Genie Terry Moore ("Strangers in Paradise") sind im Heimatort der auferstandenen Titelheldin der Teufel, Hexen und die kindliche Reinkarnation von Jack the Ripper los!

Dass Terry Moore ein Meister des bildlichen Erzählens und der nonverbalen Stimmungserzeugung ist, beweist er gleich zum Auftakt seiner seit 2012 im Eigenverlag erscheinenden Mystery-Serie "Rachel Rising". Auf neun dialogfreien Seiten werden wir Zeuge, wie sich eine in einem ausgetrockneten Flussbett verscharrte Frau mit Strangulationsspuren am Hals aus dem Erdreich befreit und - beobachtet von einer zweiten Frau - durch den Wald in Richtung Hauptstraße wankt. Indem Moore Zombiefilm-Ikonografie mit Murder-Mystery-Elementen kombiniert, schwört er schon in den ersten detailliert ausgearbeiteten Panels eine außergewöhnliche Genre-Atmosphäre hervor, die sich durch die gesamte anschließende Erzählung zieht. Bei der offensichtlich ermordeten und von den Toten zurückgekehrten Frau handelt es sich um Titelheldin Rachel, die sich zurück in ihrem Heimatort Manson auf die Suche nach ihrem Mörder machen will, zunächst aber Tante Johnny und ihre beste Freundin Jet davon überzeugen muss, dass sie zwar tot aber bei bester Gesundheit ist. Wer jetzt eine augenzwinkernde Rachestory im trendigen Zombie-Gewand vermutet, wird von Moore phantasievoll eines Besseren belehrt. Die zweite immer wieder auftauchende Frau vom Anfang entpuppt sich nämlich als Lilith, die von Gott verstoßene erste Frau der Schöpfung, die als Hexe die Menschheitsgeschichte durchlebt und vor 300 Jahren geschworen hat, die Gemeinde von Manson für ihre Genozid-Verbrechen während der Hexenprozesse büßen zu lassen. Zu diesem Zweck lässt sie die Geister ihrer damaligen drei Hexenmitstreiterinnen in die Körper frisch getöteter Frauen fahren. Eine von ihnen ist Rachel, die sich aber an ihre historische Existenz zunächst nicht erinnern kann und Lilith in die Parade fahren will. Dabei geraten sie und Jet, die ihrerseits nach einem tödlichen Unfall von den Toten zurückgekehrt ist, wiederholt an das kleine Mädchen Zoe, das unter Anleitung des hinterhältigen Dämonen Malus ihrer frappierend unschuldigen Mordlust frönt und dafür ein Messer ihres Vorfahren geschenkt bekommt: Jack the Ripper!

Im jetzt veröffentlichten vierten Sammelband "Wintersterben" werden wir Zeuge, wie sich Rachel an ihre historische Hexenexistenz als Bryn Erin erinnert, in Jet vorübergehend der Geist ihres damaligen Freundes James fährt und beide zum finalen Showdown mit Lilith tatkräftige Schützenhilfe von Zoe erhalten, die sich zuvor endgültig von Malus emanzipiert hat. Wie Moore im hiermit zum Abschluss kommenden ersten Storybogen von "Rachel Rising" alttestamentarische Mythen, amerikanische Historie und esoterische Seelenwanderung zu einem packenden Ganzen verbindet, ist eine beachtliche Leistung, die aber nur den Hintergrund für die eigentliche Stärke seiner bislang 35 Heftkapitel umfassenden Untoten-Saga bildet. Wie in seinem ebenfalls bei Schreiber & Leser erscheinenden Magnus opum, der Anti-Seifenoper "Strangers in Paradise", sind es die mit viel Einfühlungsvermögen konzipierten Protagonistinnen, die in einer latent feindseligen Männerwelt unverzagt ihre Frau stehen und damit den Leser in ihren Bann schlagen – unterstützt von vor intelligentem Sprachwitz sprühenden "down to earth"-Dialogen, die von der Übersetzerin Resel Rebiersch kongenial ins Deutsche transponiert worden sind. Im Dezember wird Rachel die eigentliche Suche nach ihrem Mörder auch bei uns wieder aufnehmen. Wann genau Sammelband 5 erscheint, erfährt man auf der Homepage von Schreiber & Leser