Junger Soziopath zum Mitreisen gesucht
Ehehölle to go: In der HD-Weltpremiere dieses vergessenen Klassikers des italienischen Genrekinos nehmen Franco Nero und Corinne Cléry als entfremdetes Paar einen unheilvollen Anhalter
mit – gespielt von "Das letzte Haus links"-Psycho David Hess.
Bereits in der ersten Einstellung wird deutlich, dass die Mancinis schon lange keine Bilderbuchehe mehr führen. Eve (Corinne Cléry) wird dem Zuschauer nämlich durch das Zielfernrohr eines
Jagdgewehrs präsentiert, dass ihr Ehemann Walter (Franco Nero) im Anschlag hält. Auch danach stellt sich die Beziehung zwischen dem versoffenen Autoren und
der bildschönen Verlegertochter als eingefleischte Hassliebe dar, die den Haussegen während ihres gemeinsamen Campingtrips durch den Süden der USA mächtig schief hängen lässt. Um
ihrem auch sexuell übergriffigen Gatten eins auszuwischen, nimmt Eve den stattlichen Anhalter Adam (David Hess) mit, der sich aber leider als gewalttätiger Schwerverbrecher auf der Flucht vor der
Polizei entpuppt. Mit vorgehaltener Waffe verlangt er vom zerstrittenen Ehepaar, ihn und seine Beute von 2 Millionen Dollar über die mexikanische Grenze zu schmuggeln. Als Adam eines
Abends dann seine lüsternen Avancen in die schmutzige Tat umsetzt und Eve vor den Augen ihres gefesselten Mannes vergewaltigt, eskaliert die angespannte Situation vollends – und Walter zeigt
sein wahres Gesicht.
Mit der in Deutschland auch als "Der Todes-Trip" bekannten Verfilmung des Romans "The Violence and the Fury" von Peter Kane ist Regisseur Pasquale Festa Campanile eine ernüchternde Charakterstudie gelungen, die mit der Einblendung eines Böll-Zitats über die nur mit dem Tod zu lösende Unvereinbarkeit von Mann und Frau endet. Campaniles packender Ehedrama-Reißer, der frappierender Weise nicht in der Wüste von Nevada, sondern in den italienischen Abruzzen gedreht wurde, fesselt dabei nicht nur durch die darstellerische Intensität des bravourösen Hauptdarsteller-Trios. In ihren Bann schlagen auch die grandiosen Road-Movie-Einstellungen von Franco Di Giacomo und Pasolini-Stammkameramann Giuseppe Ruzzolini sowie die folkig angehauchte Filmmusik von Ennio Morricone, die auf irritierende Weise zwischen Bedrohlichkeit, Easy Doin' und schmieriger Laszivität changiert. Das Label OFDb Filmworks hat "Wenn Du krepierst - lebe ich" einen exzellenten HD-Transfer beschert, der in zwei limitierten Blu-ray-DVD-Kombo-Varianten erhältlich ist. Während die Hartbox "nur" den lohnenswerten Audiokommentar des umtriebigen Filmwissenschaftlers Marcus Stiglegger enthält, der den international als "Hitch-Hike" vermarkteten Film anekdotenreich als herausragenden Vertreter des psychologischen Terrorkinos analysiert, bietet das Digipack der "Limited Special 3-Disc-Edition" u. a. eine lohnenswerte Bonus-DVD. Darauf enthalten ist die 84-minütige Dokumentation "Road to Ruin", in der neben den bereits von den US-Veröffentlichungen bekannten Interviews mit dem 2011 verstorbenen David Hess und der noch immer atemberaubenden "Geschichte der O"-Schönheit Corinne Cléry zwei exklusiv geführte Gespräche mit "Django" Franco Nero und dem damaligen Regieassistenten Neri Parenti eingeflochten sind. In den lebhaften und durch die Bank positiven Erinnerungen der vier Mitstreiter nimmt die Entstehung des einzigen Eurosleaze-Ausflugs des Komödienregisseurs Campanile ("Als die Frauen noch Schwänze hatten") akustische Gestalt an. Ein Must-Have für Freunde des italienischen Genrefilms!
"Wenn Du krepierst - lebe ich" (Originaltitel: "Autostop rosso sangue") – Italien, 1977 (104 Min.)