Alpha Alpha

Die X-Akten der Bundesrepublik

Agenten-Serie mit Knoff-Hoff: Bereits zwei Jahrzehnte vor Scully und Mulder knackte Karl-Michael Vogler als smarter Sonderermittler Michael Dahlen rätselhafte Fälle übernatürlicher Phänomene und fehlgeleiteter Wissenschaft.

Gleich zu Beginn der ersten Folge "Die Organisation" springt Studienrat Michael Dahlen (Karl-Michael Vogler) mit beherzten Karateschlägen einem Mann zur Seite, der von einer Rockerbande malträtiert wird. Mit den folgenden Geschehnissen hat dieser zivilcouragierte Akt zwar nichts zu tun, aber eines ist gewiss: Dieser Dahlen ist ein ganzer Kerl! Kein Wunder also, dass der multitalentierte Junggeselle ins Visier einer namenlosen Geheimorganisation gerät, die im Verborgenen der Selbstauslöschung der Welt entgegenwirkt und ihr globales Agentennetzwerk auf rätselhafte Ereignisse oder unheilvolle Erfindungen ansetzt. Für die besonders kniffligen Fälle braucht es jedoch Alpha-Agenten, also "Männer, die Spitzenagent, Wissenschaftler, Spion und Moralist in einer Person sind". Dass Dahlen zu dieser raren Spezies Mensch gehört, beweisen eine Reihe heimlich mit ihm durchgeführter Eignungstests, die der unfreiwillige Aspirant mit Bravour meistert. Danach darf sich der Spion, der aus dem Schuldienst kam, unter dem Decknamen "Alpha Alpha" der Erforschung außergewöhnlicher Phänomene annehmen, die in den folgenden 12 Episoden von Telepathie (Folge 2: "Gedanken sind frei") über Alien-Abduktion (Folge 3: "Wie die Ratten"), Cyborg-Doppelgänger (Folge 7: "Abbilder") und Zeitreisen (Folge 11: "Heute ist damals") bis hin zur Lebensformel (Folge 13: "Unsterblichkeit") reichen. Unterstützung erhält Dahlen dabei von den Agenten Beta (Lilith Ungerer) und Gamma (Arthur Brauss) sowie einem mit weiblicher Stimme sprechenden Supercomputer, den unser um kesse Sprüche niemals verlegene Held neckisch als "Klapperkasten" oder "Blechbüchse" tituliert. 

Dass "Alpha Alpha" nur eingefleischten TV-Nostalgikern bekannt sein dürfte, liegt daran, dass die von Wolfgang F. Henschel geschriebene und inszenierte Sci-Fi-Serie einmalig zwischen dem 10. Mai und dem 2. August 1972 im Vorabendprogramm des ZDF ausgestrahlt wurde (wenn man einmal von der durch einen fest eingeblendeten Röhrenfernseherrahmen verunstaltete Wiederholung auf ZDFkultur im Januar 2012 absieht). Aus heutiger Sicht entfalten die 13 Episoden, die nicht nur wegen der angedeuteten und vom Supercomputer eifersüchtig kommentierten (!) Beziehung zwischen Alpha und Beta deutlich von "Mit Schirm, Charme und Melone" inspiriert waren, faszinierenden Retro-Charme. Wie es Henschel und sein Team geschafft haben, mit sichtbar begrenzten Produktionsmitteln komplexe Wissenschaftstheorien in nur 25-minütige Mini-Abenteuer zu verpacken, nötigt größten Respekt ab. Dass "Alpha Alpha" dabei nicht nur kurz, sondern auch kurzweilig rüberkommt, ist zum einen der hedonistischen 70er-Jahre-Lässigkeit geschuldet, die der spätere "Kara Ben Nemsi Effendi"-Star Karl-Michael Vogler mit verblüffendem Schmackes zum Besten gibt. Zum anderen sorgen namhafte Gegenspieler wie Herbert Fleischmann (Folge 2: "Gedanken sind frei") oder Peter Fricke (Folge 13: "Unsterblichkeit") dafür, dass die sichtbar antiquierte  Serie zumindest schauspielerisch in Würde gealtert ist. Gleiches gilt für die grandiose freejazz-artige Titelmelodie von Erich Ferstl (siehe Video unten), der mit seinem akustischen Gerätepark auch für die Soundeffekte verantwortlich zeichnete. Im Februar diesen Jahres hat Studio Hamburg Enterprises diesen zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Schatz bundesdeutscher Fernsehunterhaltung in einem 2-DVD-Set endlich auch für Sammler verfügbar gemacht – leider ohne Extras, dafür aber Nostalgie-Rahmen-frei. Kurz gesagt: 1A(lpha)!

 

"Alpha Alpha" (Originaltitel: "Alpha Alpha") – BRD, 1972 (13 Folgen à 25 Min.)