Nächte des Grauens

Die Grafschaft der lebenden Toten

Hammer goes Zombiefilm: Mit Teil 7 der famosen Blu-ray-Neuauflage von Gruselklassikern des britischen Kultstudios präsentiert Anolis Film John Gillings legendären Voodoo-Schocker über schwarze Magie im englischen Hinterland.

Zwei Jahre bevor George A. Romero mit "Die Nacht der lebenden Toten" für einen Paradigmenwechsel im Zombiefilmgenre sorgte, zelebrierten die Hammer Studios bei ihrem einzigen Ausflug ins Wiedergängerfach noch einmal die klassische Voodoo-Formel, die Regisseur Victor Halperin und Bela Lugosi 1932 in "White Zombie" etabliert hatten. Dafür verlagerte Drehbuchautor Peter Bryan die Story eines Hexenmeisters, der die Toten mittels schwarzer Magie in willenlose Sklaven verwandelt, von den Zuckerrohrplantagen Haitis ins beschauliche Gothic-Horror-Cornwall des 19. Jahrhunderts. Dorthin reist der Londoner Mediziner Sir James (André Morell) mit seiner Tochter Sylvia (Diane Clare), als er per Post ein Hilfsgesuch seines ehemaligen Schülers Dr. Thompson (Brook Williams) erhält. Während der ratlose Landarzt und sein aristokratischer Mentor die Ursache einer Reihe mysteriöser Todesfälle zu ergründen versuchen, weiß das Publikum von der stimmungsvollen Eröffnungssequenz an, dass dafür ein Voodoo-Priester verantwortlich ist, hinter dessen diabolischer Maske der jüngst aus der Karibik zurückgekehrte Gutsherr Hamilton (John Carson) steckt. Der skrupellose Edelmann nutzt seine okkulten Kräfte aber nicht nur dazu, unbescholtene Dorfbewohner sterben zu lassen und danach in unermüdliche Zombie-Arbeiter für seine Zinnmine zu transformieren, sondern auch für die Kreation einer hundertprozentig hörigen Gespielin. Seine Wahl fällt dabei zunächst auf Thompsons Gattin Alice (Jacqueline Pearce). Doch als Sir James deren Rückkehr in die Welt der Lebenden mit Hilfe einer Schaufel auf drastische Weise zu verhindern weiß, muss sich Hamilton nach einem neuen Objekt seiner nekrophilen Begierde umsehen – und wird schnell bei der holden Sylvia fündig.

Einschneidend: André Morell entzombiefiziert Jacqueline Pearce
Einschneidend: André Morell entzombiefiziert Jacqueline Pearce

Bei Alices Auferstehung und der sich daran anschließenden Alptraum-Friedhofsequenz handelt es sich um das filmische Herzstück von "Nächte des Grauens", der bei uns auch als "Im Bann des Voodoo-Priesters" veröffentlicht worden ist. Mit der unaufhaltsam auf die Kamera zuschlurfenden Jacqueline Pearce in gespenstischem Leichen-Make-Up und den aus ihren Gräbern hervorbrechenden Untoten hat Regisseur John Gilling ikonische Bilder geschaffen, die seitdem zum stilistischen Kanon des Zombiefilms gehören. Unterlegt ist diese auch heute noch schaurige Szenenfolge mit experimentellen Avantgardklängen des Hammer-Stammkomponisten James Bernard, der in einem Bonusinterview aus dem Jahre 1994 selber zu Wort kommt. Zu den üppigen Extras gehören desweiteren die 35-minütige Doku "Raising the Dead", in der Hammers Kostüm-Zombiefilm unter anderem mit Hinblick auf die Figurenkonstellationen als originalgetreueste Adaption des Dracula-Stoffes analysiert wird, ein Feature über den 1978 verstorbenen Hauptdarsteller und "Quatermass"-Star André Morell, die Super-8-Fassung des Films sowie eine mit Musik- und Tonspur unterlegte Animation der Comic-Adaption aus dem Jahre 1977. Weitere Hintergründe liefert der Audiokommentar des Filmgelehrten Dr. Rolf Giesen und des Gruselexperten Uwe Sommerlad, die in ihren ausufernden Ausführungen auch intensiv darauf eingehen, warum "Nächte des Grauens" damals back-to-back mit "Das schwarze Reptil" gedreht worden ist. Und wer eines der beiden streng limitierten Mediabooks ergattert, wird zusätzlich mit einem reich bebilderten 32-Seiten-Booklet belohnt. Wann es mit "Frankensteins Ungeheuer" in der – nicht nur in Sachen Bildqualität – berauschenden Hammer-Blu-ray-Reihe weitergeht, erfährt man bei Anolis Film

 

"Nächte des Grauens" (Originaltitel: "The Plague of the Zombies") – GB, 1966 (90 Min.)