Borgia

Das "Game of Thrones" der Comic-Welt

Eros trifft Thanatos: Mit Teil 15 der "Manara Werkausgabe" präsentiert Panini Comics die berüchtigte Kollaboration zwischen Meisterzeichner Milo Manara und Universalexzentriker Alejandro Jodorowsky ("El topo") als schmucken Sammelband.

Was die Lennisters für die "Game of Thrones"-Saga waren die Borgias für die italienische Renaissance. 1492 riss der einem spanischen Adelsgeschlecht entstammende Kardinal Rodrigo Borgia in Rom die Macht an sich und startete als Papst Alexander VI. mit Unterstützung seiner Kinder Lucrezia, Cesare, Giovanni und Goffredo eine elfjährige Regentschaft, die auf brutaler Skrupellosigkeit, Mord, Intrige, Nepotismus und sexuellen Eskapaden bis hin zu Inzest gründete. Für Alejandro Jodorowsky, der sich in den 70er Jahren mit seinen surrealistischen Filmen "El topo" und "Der heilige Berg" einen Namen als schonungsloser Kritiker religiöser Machtstrukturen gemacht hatte, ein gefundenes Fressen. Nachdem der chilenische Universalkünstler bereits als Comicautor mit u. a. Moebius ("Incal") und Juan Giménez ("Die Kaste der Meta-Barone") kollaboriert hatte, holte sich Jodorowsky für seine historisch sehr freie, aber dafür als metaphorische Anklage von Korruption und Dekadenz programmatisch zugespitzte Version der Borgia-Schreckensherrschaft mit Milo Manara einen Meister des realistischen Comic-Strichs ins Boot.

Der heute 70-jährige Italiener hatte sich in der Vergangenheit durch Zusammenarbeiten mit Federico Fellini ("Die Reise nach Tulum") oder Hugo Pratt ("Ein indianischer Sommer") als Experte für visuelle Adaptionen bewiesen und mit seinen eigenen erotischen Werken ("Der Duft des Unsichtbaren", "Click!") die Comicdarstellung der weiblichen Form zu einer eigenen Kunstform erhoben. Manaras elegantem und vor Sinnlichkeit sprühendem Zeichenstil ist es zu verdanken, dass Jodorowskys erzählerisch eher schlichte Darstellung der unaufhaltsam eskalierenden Borgia-Eskapaden zumindest visuell eine faszinierende Körperlichkeit und mitreißende Intensität bekommt. Manara erzeugt diesen in den Bann schlagenden Bilderrausch mit großformatigen Panels, in denen seine aufwendigen und detailreichen Aquarell-Zeichnungen schwelgerisch zur Geltung kommen. Die alle vier "Borgia"-Bände umfassende Hardcover-Ausgabe beinhaltet neben der obligatorischen Portfolio-Sektion ein ausgiebiges Interview, in dem der Maestro nicht nur seine mehrjährige Zusammenarbeit mit Jodorowsky Revue passieren lässt. Infos über die bisher erschienenen und noch folgenden Teile der "Manara Werkausgabe" finden sich auf der Homepage von Panini Comics.

 

"Manara Werkausgabe 15: Borgia" – Italien, 2004-2011 (220 Seiten)