Contracted

Der Feind in meinem Schritt

Unsafer Sex: Im neuen Schocker von Indie-Regisseur Eric England ("Madison County") erlebt eine junge Frau nach einem One-Night-Stand eine Body-Horror-Überraschung der zombifizierenden Art.

In Zeiten, in denen die Risiken von ungeschütztem Geschlechtsverkehr aus der medialen Berichterstattung verschwunden scheinen, ist es fast schon wieder originell, wenn ein 27-jähriger Genrefilmer einen metaphorischen Exploitationblick auf dieses einstige Reizthema wirft. In Eric Englands HIV-Parabel lässt sich Samantha (Najarra Townsend) zur Teilnahme an einer Party überreden, wo ihr alkoholisierter Zustand von einem mysteriösen Typen ("You're Next"-Autor Simon Barrett) schamlos ausgenutzt wird. Da Sam nicht ahnen kann, dass ihr gesichtsloser One-Night-Stand-Lover im kunstvoll montierten Prolog bereits in einer Leichenhalle aktiv auf Brautschau gegangen war, führt sie ihr Unwohlsein am nächsten Morgen auf einen schweren Kater zurück. Erst als die Symptome immer heftiger werden und vom Unterleib ausgehend körperliche Zeichen einer schweren Infektion sichtbar werden, muss sich die labile Lesbierin nach einem Arztbesuch eingestehen, dass sie sich etwas Übles eingefangen hat. Um ihrer Geliebten Nikki nicht eingestehen zu müssen, dass sie mit einem Mann Sex hatte, versucht Sam ihren prekären Zustand zu verbergen. Doch nach und nach gerät nicht nur ihre äußeres Erscheinungsbild, sondern auch ihr soziales Verhalten immer drastischer außer Kontrolle.

Auch wenn der mit plötzlicher Mordlust einhergehende Zombiefilmtwist im letzten Drittel zu unvermittelt daherkommt und nicht wirklich nachvollziehbar ist, wie eine alarmierend enstellte Frau auf ihren Freundeskreis noch sexuell anziehende Wirkung haben soll, handelt es sich bei "Contracted" um eine sehenswerte Heimkinopremiere. Zu verdanken ist dies vor allem Hauptdarstellerin Townsend, die in einer bravourösen Tour de force das Portrait einer verängstigten Frau verkörpert, die nicht weiß, wie ihr geschieht, und zunehmend verzweifelt versucht, dem schleichenden Kontrollverlust Einhalt zu gebieten – bis hin zum tragisch-verstörenden Moment der schicksalsergebenen Resignation, in der sich Samantha wie in Trance das von der Infektion schwer gezeichnete Gesicht schminkt: die Schöne als das Biest. Dass die Veröffentlichung von Mad Dimension keinerlei Bonusmaterial bietet, ist auch angesichts dieser schauspielerischen Glanzleistung bedauerlich. Regisseur England über seine bei Cronenberg und Aronofsky geholten Inspirationen reden zu hören oder Mayera Abeita beim Erstellen ihres sagenhaft wirkungsvollen SFX-Make-Ups über die Schulter zu schauen, wäre eine interessante Bereicherung gewesen. Zumal "Contracted: Phase II" bereits in den Postproduktion-Startlöchern steht.

 

"Contracted" (Originaltitel: "Contracted") – USA, 2013 (84 Min.)