Perrak (Soundtrack)

Als Derrick noch Musik im Blut hatte

German Exploitation-Jazz: Mit "Perrak and other film music by Rolf Kühn" präsentiert das Musiklabel Allscore Media 22 Tracks aus den ersten beiden Score-Kompositionen des Ausnahmeklarinettisten und "Echo Jazz"-Preisträgers.

Jazz-Fans werden den 1929 in Köln geborenen Rolf Kühn als begnadeten Holzbläser kennen, der von 1958 an vier Jahre lang im Orchester von Benny Goodman spielte und nach seiner Rückkehr nach Deutschland u. a. als Leiter des NDR-Fernsehorchesters und Solist der "German Allstars" für jazzmusikalische Furore sorgte. Dass Kühn in den 1970er Jahren auch ein exzellenter Filmmusik-Arrangeur war, belegt jetzt das als edle Vinyl-Pressung oder als Download erhältliche Album "Perrak and other film music by Rolf Kühn". Den Einstieg ins Filmbiz ermöglichte ihm "Edgar Wallace"-Stammregisseur Alfred Vohrer, für den Kühn 1970 die Soundtracks zu "Das gelbe Haus am Pinnasberg" und "Inspektor Perrak greift ein" vertonte. Zur Umsetzung seiner musikalischen Ideen stand dem begeisterten Kinogänger eine 30-Mann-Bigband inklusive Streichern zur Verfügung – aus heutiger Sparzwang-Sicht luxuriöse Arbeitsbedingungen, an die sich Kühn in den ausführlichen Liner Notes der Schallplatte gerne zurück erinnert: "Das Komponieren für bewegte Bilder habe ich neben dem Jazz immer als interessante Abwechslung empfunden. Ich konnte orchestrale Kontexte ausprobieren, die dann in ihrer Verbindung von Jazz und Symphonieorchester kulminierten. Ich bin heute noch stolz auf diese Soundtracks." Völlig zu Recht!

"Das gelbe Haus am Pinnasberg" (BRD, 1970)

Für Vohrers lustspieligen Ausflug ins Erotikfach, in dem seine Wallace-Stammschauspieler Siegfried Schürenberg als Chef und Eddie Arent als Majordomus ein Bordell für Frauen betreiben, erschuf Kühn eine große Bandbreite an Instrumentalstücken, von denen es 13 Tracks auf das Album geschafft haben. Während das in drei Versionen angebotene Titelthema "Pinnasberg" vor allem in der schmissigen End-Title-Variante zeigt, wieviel Schmackes in Kühns Big Band steckte, machen Kompositionen wie die erotisch knisternde "Bossa Barbarella" oder "Silk Stockings" mit seinem bluesig-rauchigen Saxofon-Thema das schlüpfrige Ambiente des Films hörbar. Als Highlight erweist sich das groovig-beatige Orgel-Stück "Hippy Dibby", das zum damaligen Filmstart auch als Single-Auskopplung vermarktet wurde.

"Inspektor Perrak greift ein" (BRD, 1970)

Direkt im Anschluss nahm Vohrer diesen entfesselten Kiezkrimi in Angriff, in dem der spätere "Derrick" Horst Tappert als lässiger Titelheld nach einem Transvestitenmord im Rotlichtmilieu ermittelt. Für den Film, der in den USA unter dem Titel "Hard Women" mit einem knalligen Exploitation-Poster beworben wurde, bewies Kühn ein Händchen für szenisches Komponieren. Dank treibender Streicher-Sätze sind Tracks wie "Chase & Fear" oder "Hunting" genau das, was die Titel versprechen: bedrohlich und druckvoll. Aufpeitschend ist auch das "Perrak"-Titelthema, in dem akzentuierte Bläser und Hummelflug-Streicher jazzige Krimi-Mucke aus Tapperts Schlapphut zaubern. Eröffnet wird das Album aber richtiger Weise mit "Blue Concerto", in dem sich ein bluesiges Klaviersolo zu hymnischem Orchester-Bombast auswächst – toll!