Und ewig lockt das (lesbische) Weib
Sammlerherz, was willst Du mehr: Im seit gestern erhältlichen fünften Teil der famosen "Class-X-Illusions"-Reihe feiert das berühmteste Werk der spanischen Sexploitation-Legende Jess Franco ihre HD-Weltpremiere.
Unter den mehr als 200 Spielfilmen, die der berüchtigte Kultregisseur Jesús Franco Manera bis zu seinem Tod im April 2013 auf sein häufig staunendes Publikum losgelassen hat, nimmt "Vampyros
Lesbos: Die Erbin des Dracula" einen besonderen Stellenwert ein. Der brillant betitelte Film, in dem Franco die Hauptfiguren aus Bram Stokers "Dracula"-Roman durch verführerische
Schönheiten ersetzt, hat sich über die Jahre zum Synonym des Genrebegriffs "Horrotica" gemausert.
Vor der exotischen Kulisse Istanbuls spielt Ewa Strömberg die von erotischen Visionen heimgesuchte Anwältin Linda Westinghouse, die für die mysteriöse Gräfin Oksudar (Soledad Miranda) eine
Erbschaft regeln soll und schleichend den Reizen der vampirischen Sirene erliegt. Dabei potenziert Franco den sinnlich-erotischen Unterton, der dem literarischen Dracula-Mythos innewohnt, und
zelebriert dabei - ohne in lüsternen Sleaze abzurutschen - die Verführungskraft der weiblichen Form. Oder wie es Franco in seinem obskuren Cameo als Lustmörder Memmet selber formuliert: "Diese
Schönheit - göttlich und teuflisch zugleich!"
Aber auch inszenatorisch ragt "Vampyros Lesbos" aus dem häufig recht kruden Œuvre des Vielfilmers heraus. Unterlegt mit dem aus Free Jazz, Beat Musik und Sitar-Klängen bestehenden
Kompositionen von Manfred Hübner und Sigi Schwab entfaltet der Franco-typische Bilderreigen aus symbolischen Detailaufnahmen, Zooms und experimentellen Schnittfolgen eine traumwandlerische Aura,
die sogar ins Psychedelische umschlägt, wenn farbiges Licht zum Einsatz kommt. Ein Kunstgriff, der jetzt in der HD-Abtastung in knalliger Intensität bewundert werden kann.
Wie im parallel entstandenen "Sie tötete in Ekstase", der Ende Oktober als Teil 4 der "Class-X-Illusions"-Reihe veröffentlicht worden ist, stellt Francos erste Muse Soledad Miranda das sinnliche Epizentrum des Films dar. Im exklusiven Booklet-Interview erinnert sich "Vampyros Lesbos"-Produzent Artur Brauner an die 1970 bei einem Autounfall tragisch früh verstorbene Aktrice als "rassige Frau und besonders gute Schauspielerin". Und die Produzentenlegende weiß bekanntlich, wovon sie spricht. Mit welcher Genreperle Illusions Unltd. Films seine Mediabook-Edition fortsetzt, erfährt man auf der Themenseite des österreichischen Labels.
"Vampyros Lesbos: Die Erbin des Dracula" (Originaltitel: "Vampyros Lesbos") - BRD/Spanien, 1971 (89. Min)