The Resurrected

Aus Liebe zu Lovecraft

Fürs Sammlerherz: Mit Teil 2 seiner "Collector's Edition" präsentiert das Label OFDb Filmworks die HD-Weltpremiere einer unterschlagenen Genreperle – die Verfilmung der Lovecraft-Novelle "Der Fall Charles Dexter Ward" von Dan "Alien" O'Bannon.

Wer Anfang der 90er Jahre als jungspundiger Horrorfan in der Videothek seines Vertrauens zu einer VHS namens "Evil Dead - Die Saat des Bösen" mit vertrautem Totenschädel-Motiv gegriffen hat, wird sich an seine Enttäuschung erinnern, dass er seine Leihgebühr für keine neue "Tanz der Teufel"-Fortsetzung, sondern für eine okkulte Detektivstory rausgehauen hatte. Dass man damals eine der bedeutendsten weil atmosphärisch stimmigsten Lovecraft-Verfilmungen in den Händen hielt, führt uns jetzt OFDb Filmworks im Rahmen seiner üppig ausgestatteten "Collector's Edition" mit einer begeisternden 3-Disc-Digipak-Veröffentlichung vor Augen. Der jetzt unter dem Originaltitel "The Resurrected" präsentierte und in grandios bearbeiteter Bildqualität vorliegende Film von "Return of the Living Dead"-Regisseur Dan O'Bannon beginnt mit dem schockierenden Fund eines Blutbads in einer regenumtosten Nervenheilanstalt und einem Szenenwechsel ins Büro des Privatdetektivs John March (John Terry), der schwer verletzt seine Erlebnisse im 'Fall Charles Dexter Ward' ins Diktiergerät spricht. So erfahren wir im Rückblick, wie John von der besorgten Chemikergattin Claire Ward (Jane Sibbet) engagiert wird, um das mysteriöse Treiben ihres Ehemanns Charles (Chris Sarandon) unter die Lupe zu nehmen. Der hat sich in das abgelegene Landhaus seines Vorfahren Joseph Curwen zurückgezogen, wo er sich mit Unmengen von Tierblut und Leichenteilen beliefern lässt. Nachdem sie den psychotischen und wie fremdgesteuert wirkenden Charles mit Polizeiunterstützung in die Psychiatrie eingeliefert haben lassen, entdecken John, Claire und Detektei-Sidekick Lonnie (Robert Romanus) unter dem Landhaus ein weitverzweigtes und von abscheulich deformierten Kreaturen bevölkertes Katakombensystem, in dem Charles offenbar die alchemistischen Experimente seines ihm wie aus dem Gesicht geschnittenen Urahnen fortgesetzt hat. Curwen hatte vor 300 Jahren einen Weg gefunden, Verstorbene mit Hilfe eines Elixiers und Knochenresten wieder auferstehen zu lassen. Und John beschleicht ein teuflischer Verdacht, mit dem er den im Sanatorium sitzenden Gatten seiner Auftraggeberin konfrontiert.

SFX-Künstler Todd Masters nebst einer seiner "Resurrected"-Kreaturen
SFX-Künstler Todd Masters nebst einer seiner "Resurrected"-Kreaturen

Wer über manch maue Charakterzeichnung, einige billig wirkende Neo-Noir-Momente und die trashigen Stop-Motion-Einlagen hinwegsieht, wird bedauern, dass Dan O'Bannon nach der unverdienten Direct-to-Video-Auswertung von "The Resurrected" keinen Film mehr inszeniert hat. Vor allem die nur von Taschenlampen und Streichholzflammen beleuchtete Katakombensequenz, die der eher für seine Drehbucharbeit (u. a. "Alien" und "Total Recall") bekannte Regisseur mit sekundenlangen Schwarzbildern würzt und damit die von Lovecraft beschworene Finsternis, in der unvorstellbares Grauen haust, kongenial umsetzt, ist eine packende Lehrstunde in Sachen filmischer Spannungserzeugung. Nach Stuart Gordons "From Beyond", dem ersten Release der "Collector's Edition"-Reihe, bleibt OFDb Filmworks nicht nur dem Lovecraft-Thema, sondern auch der hohen Qualität exklusiv produzierter Extras treu. So kommen in fünf Featurettes diejenigen Mitstreiter zu Wort, die "The Resurrected" in ein außergewöhnliches Filmerlebnis verwandelt haben: Chris Sarandon, dessen mit Schmackes vorgetragene Doppelrolle das schauspielerische Rückgrat des Films darstellt. Drehbuchautor Brent Friedman, der mit O'Bannons Hilfe seine "Shatterbrain" betitelte Lovecraft-Adaption in einen an Raymond Chandler erinnernden Detektivstory-Hybriden verwandelt hat. Komponist Richard Band, der zuvor bereits die Lovecraft-Schocker "Re-Animator" und "From Beyond" vertont hatte und hier eines der kraftvollsten Titelthemen der modernen Horrorfilmgeschichte abliefert. Production Designer Brent Thomas, der mit den spärlichen Mitteln einer Low-Budget-Produktion beachtliche Big-Budget-Sets errichtet hat. Und SFX-Künstler Todd Masters, der nach O'Bannons genauen Vorstellungen unvergessliche Body-Horror-Effekte auf den Zuschauer loslässt. Masters und Friedman sind auch Teil des ersten Audiokommentars, zu dem sich neben Darsteller Robert Romanus noch die Produzenten Kenneth Raich und Mark Borde gesellen und in lebhafter Klassentreffenmanier die Produktionsgeschichte von "The Resurrected" Revue passieren lassen. Einen zweiten Audiokommentar steuern die Filmwissenschaftler Kai Naumann und Marcus Stiglegger bei, die gewohnt analytisch die stilistischen und filmhistorischen Einflüsse auf O'Bannons Regie aufdecken. Im dritten Audiokommentar stellen schließlich die "Wicked Vision"-Redakteure und Lovecraft-Experten Daniel Perée und Jörg Kopetz Unterschiede zur 1927 entstandenen literarischen Vorlage heraus. Kopetz zeichnet auch für den Text des 84-seitigen (!) Booklets verantwortlich, in dem er die Karriere des 2009 nach schwerer Krankheit verstorbenen Regisseurs als den künstlerischen Werdegang eines glühenden Lovecraft-Verehrers nachzeichnet. Abgerundet werden die Extras durch 18 zusätzliche Minuten aus O'Bannons Workprint sowie die glänzend gesprochene Hörspielfassung von "Der Fall Charles Dexter Ward" aus dem Hause Titania Medien. Mehr Must-Have für eingefleischte Horror- und Lovecraft-Fans geht nicht!

 

"The Resurrected" (Originaltitel: "The Resurrected") – USA/Kanada, 1991 (101 Min.)