"Miss Jonas" Double Feature

Nachschub aus der "Erwin C. Dietrich Collection"

Doppeltes Doppel-D: Das Combo-Release von "Der Teufel in Miss Jonas" und "Was geschah wirklich mit Miss Jonas?" mit Wonneproppen Christa Free ist die sechste HD-Premiere aus dem prallgefüllten Sexfilmarchiv des Schweizer Filmmoguls. 

Das okkulte Lustspiel "Der Teufel in Miss Jonas" (Schweiz 1974, 74 Min.) ist ein perfektes Beispiel dafür, wie die speziell in den 70er Jahren extrem produktive Exploitation-Filmfabrik des in St. Gallen geborenen Erfolgsproduzenten Erwin C. Dietrich ("Die Wildgänse kommen") funktionierte. Nach dem weltweiten Erfolg von William Friedkins "Der Exorzist" und Gerard Damianos "Deep Throat"-Nachfolger "The Devil in Miss Jones" drehte Dietrich unter seinem Stammpseudonym Michael Thomas kurzerhand eine Softcore-Variante von Damianos teuflischem Porno-Drama und versah das Filmplakat mit dem trügerischen Zusatz "Ein Film der Exorzisten-Welle!". In Georgina Spelvins Rolle einer zur Hölle gefahrenen Frau, die vom Teufel ein paar Tage Aufschub bekommt und noch einmal mit Saus und Braus der fleischlichen Sünde frönt, ist das deutsche Starlet Christa Free zu bewundern. Mangelndes Schauspieltalent kompensiert die dralle Schönheit mit einer überzeugenden autoerotischen Begeisterung für die eigenen Brüste, die im Film auch mächtig Eindruck auf ihre von Marianne Dupont gespielte Zofe machen: "Sie stiehlt mir immer die Show mit ihrem Superbusen." Neben zwei psychedelischen Zeitlupen-Beischlafszenen, in denen die Akteure dämonische Holzmasken tragen, gehört der schön schmierige Auftritt von Herbert Fux als manipulativer Höllenfürst zu den filmischen Highlights. Der 2007 verstorbene Charaktermime kommt auch in einem Bonus-Interview zu Wort, in dem sich "Der teuflische Mister Fux" wohlwollend an die mit Dietrich gedrehte "Gebrauchsware" seines schauspielerischen Œuvres erinnert. 

Bei "Was geschah wirklich mit Miss Jonas?" (Schweiz 1974, 83 Min.) handelt es sich um die deutsche Heimkinopremiere einer rasch nachgeschobenen Fortsetzung. Darin soll ein Privatdetektiv (Kurt Meinicke) im Auftrag eines notgeilen Industriellen eine Centerfold-Schönheit aufspüren, bei der es sich um Christa Free höchstselbst handelt, deren Aufstieg vom Nacktmodel zum Filmstar von "Der Teufel in Miss Jonas" hier augenzwinkernd nachgezeichnet wird. Die – von Frau Frees Oberweite abgesehen – recht schwachbrüstige "Realsatire", in der Erwin C. Dietrich auf der Besetzungscouch ein selbstironisches Cameo als "Miss Jonas"-Produzent gibt, gipfelt in einem bizarren Gaga-Finale. Dort bekommt Christa Method-Action-Unterricht von einem durchgeknallten Schauspiellehrer, der folgenden smarten Showbiz-Satz zum Besten gibt: "Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist es nur ein Schritt." Nimm das, anspruchsvolles Arthousekino!

Die "Erwin C. Dietrich Collection"

Erwin C. Dietrich und sein stranger Stammschauspieler Eric Falk
Erwin C. Dietrich und sein stranger Stammschauspieler Eric Falk

Zum Lebensabend hat es sich der 84-jährige Schweizer mit dem Label Ascot Elite zur Aufgabe gemacht, sein cineastisches Erbe noch einmal in glänzend restaurierter HD-Qualität zu veröffentlichen. Im Erotikbereich verteilen sich die Blu-ray-Neuauflagen neben ein paar Re-Releases in der "Cinema Treasures"-Reihe auf die "Jess Franco Golden Goya Collection", die "New Ingrid Steeger Collection" sowie die "Schwedinnen Collection". In der "Erwin C. Dietrich Collection" versammeln sich diejenigen Sexploitationknaller, in denen der Meister höchstselbst das Regiezepter schwang. Abgerundet werden alle Veröffentlichungen mit (mehrfach verwendeten) Bonus-Featurettes, in denen Dietrich selbst und langjährige Weggefährten wie sein Stammkameramann Peter Baumgartner oder ECD-Ensemblemitglieder Michel Jacot in anekdotenreichen Erinnerungen schwelgen. Unüberbietbares Highlight sind dabei die komplett verstrahlten Auftritte des gelernten Kampfsportlers Eric Falk, der während seiner Erotikdarsteller-Karriere für Dietrich offensichtlich genug Zeit und weibliches Anschauungsmaterial hatte, seine krude Theorie einer lustgesteuerten "kosmischen Emotionsphilosophie" zu entwickeln – unfassbar! Vor dem "Miss Jonas" Double Feature sind in der "Erwin C. Dietrich Collection" bereits erschienen...

Bei "Heisser Sex in Bangkok" (Schweiz 1974, 82 Min.) und "Die Sex-Spelunke von Bangkok" (Schweiz 1974, 72 Min.) handelt es sich um die Heimkinopremieren zweier parallel gedrehter Schnellschüsse, in denen Dietrich der damals aufkommenden Sextourismuswelle cineastischen Tribut zollte. Eingebettet in die gleichen Mondo-Doku-Impressionen aus dem exotischen Thailand wird mit beinahe identischem Personal in beiden Filmen die Geschichte einer deutschen Männerreisegruppe erzählt, deren Mitglieder im Rückblick ihre schlüpfrigen Abenteuer in Bangkoks Massagesalons Nummernrevue passieren lassen. Während die "Sex-Spelunke" im Bereich Matratzenakrobatik abwechslungsreicherer daherkommt, trumpft "Heisser Sex" während eines Showacts mit der expliziten Zweckentfremdung einer glimmenden Zigarre auf. Auch im Bahnhofskino gilt: Reisen bildet!

Für die (bislang) explizitste Veröffentlichung im Rahmen der "Erwin C. Dietrich Collection" lieh sich der Schweizer Filmemacher die Muse seines Starregisseurs Jess Franco aus. Vor Dietrichs lustvoll voyeuristischen Kamera glänzt Lina Romay in der autobiographisch angehauchten Rolle des nymphomanen Erotikstarlets Lisa Romay, die von ihrem treuen Chauffeur (Eric Falk) durch die Gegend kutschiert wird und Anhalter beiderlei Geschlechts vernascht. Ein konzeptarmes aber erotisch knisterndes und mit Hardcore-Momenten angereichertes Schaulaufen der 2012 verstorbenen Sexploitationikone, die hier dem Begriff "voller Körpereinsatz" alle Ehre macht. 

Schweiz 1975 (88 Min.)

Für "Gefangene Frauen" beschwor Erwin C. Dietrich noch einmal die Erfolgsformel der "Women in Prison"-Filme, mit denen er als Produzent und Regisseur Jess Franco Mitte der 70er Jahre beachtliche Kassenerfolge erzielt hatte. Während eines Schönheitswettbewerbs in einer südamerikanischen Diktatur lässt der Präsident mehrere europäische Grazien (darunter Frankreichs Pornogöttin Brigitte Lahaie) entführen und auf eine Gefängnisinsel verschleppen, auf der die ledergekleidete Kommandantin Carla (Karine Gambier) ihr nymphomanes Schreckensegime führt. Da Dietrich bei seiner Sexploitationparade anders als Franco etwa in "Frauen für Zellenblock 9" auf allzu sadistische Foltereinlagen verzichtet, geht die damalige Werbezeile völlig in Ordnung: "Gefangene Frauen, das ist Abenteuer - das ist Kino!" 

Schweiz 1980 (93 Min.)

"Die verliebten Apothekerstöchter" entstand parallel zu den ersten beiden Filmen der "Schwedinnen"-Reihe und folgt dem gleichen dramaturgischen Konzept: Eine Gruppe wissbegieriger Internatsschülerinnen erlernt erste Lektionen der Liebe und hüpft in einer minutenlangen Zeitlupensequenz splitterfasernackt durch die Natur. In den Titelrollen sind die französischen Sexstars Brigitte Lahaie und Flore Sollier zu bewundern, die nicht nur gegenseitig ihre Schwesternkörper erkunden, sondern auch mit ihren "bumsfidelen" Mitschülerinnen die aparte Lehrerin Mademoiselle Blanche (Barbara Moose) dazu bringen, im Sexualkundeunterricht die Funktionsweise der weiblichen Geschlechtsteile äußerst zeigefreudig am eigenen Objekt zu erklären. Niemand hat gesagt, dass Schulbankdrücken langweilig sein muss!

Schweiz 1980 (80 Min.)

1968 hatte Erwin C. Dietrich mit der moderat schlüpfrigen Verfilmung des dem französischen Novellisten Guy de Maupassant zugeschriebenen Sittengemäldes "Die Nichten der Frau Oberst" (BRD/Italien 1968, 92 Min.) einen veritablen Blockbuster gedreht, der auf der Blu-ray als HD-gemasterter Bonusfilm enthalten ist. 12 Jahre später verfilmte Dietrich den Stoff noch einmal und passte das lustvolle Treiben mit den zeigefreudigen Erotikstars Karine Gambier, Brigitte Lahaie und Pascal Vitale den expliziteren Sehgewohnheiten der späten Sexfilmwelle an. Nicht nur dank der atemberaubenden Schönheiten, sondern auch bezüglich Ausstattung und Inszenierung entstand dabei der bislang ansehnlichste Film der "Erwin C. Dietrich Collection", der im Bonusmaterial vom strammen Stallburschen-Darsteller Eric Falk als "ein Reigen der Wollust" abgefeiert wird. Und wer wollte diesem Experten widersprechen!

Schweiz 1980 (92 Min.)