Suspiria

Das Meisterwerk eines Meisterwerks

Das neue Maß aller Dinge: Dario Argentos legendäres Horror-Opus erstrahlt im jüngst veröffentlichten Blu-ray-Mediabook von '84 Entertainment in atemberaubend restauriertem Technicolor-Glanz.

"Endlich könnt ihr das wahre 'Suspiria' sehen!" Wenn ein sichtlich bewegter Dario Argento 37 Jahre nach der Erstaufführung ein solches Lob über die aktuellste HD-Veröffentlichung seines Ausnahmefilms ausspricht, darf Außergewöhnliches erwartet werden. Tatsächlich stellt die unter Federführung von Torsten Kaiser entstandene Bildbearbeitung die Qualität der bisherigen Blu-ray-Präsentationen weit in den Schatten. Wie genau es Kaiser geschafft hat, die für den Heimkinomarkt verloren geglaubte Technicolor-Pracht von "Suspiria" zu reanimieren, beschreibt der Gründer der auch schon für die Criterion Collection tätigen Restaurationsfirma TLE-Film im Booklet des Mediabooks. Fest steht, dass dieses in Primärfarben schwelgende Filmkunstwerk auf dem heimischen Bildschirm nie besser aussah. Die mit einer sensationellen Bildschärfe gepaarte Farbexplosion ist dabei nicht nur ein visuelles Erlebnis hyperrealer Opulenz, sondern macht die übersinnliche Aura des Films noch deutlicher sichtbar als bisher. 

Mit der Geschichte der amerikanischen Tänzerin Suzy (Jessica Harper), die nach einer Reihe grausamer Morde feststellen muss, dass es sich bei ihrer elitären Freiburger Ballettschule um ein Hexenkonvent handelt, schlug Argento eine neue Genrerichtung ein, nachdem er sich mit "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" (1970), "Die neunschwänzige Katze" (1971), "Vier Fliegen auf grauem Samt" (1971) und "Rosso - Die Farbe des Todes" (1975) zu Italiens Giallo-Koryphäe gemausert hatte. Dass "Suspiria", der den Auftakt seiner mit "Horror Infernal" (1980) und "Mother of Tears" (2007) fortgesetzten Hexen-Trilogie bildet, als sein erster reinrassiger Horrorfilm gilt, wird von Argento allerdings im exklusiv geführten jüngsten der vier auf der Bonus-DVD enthaltenen Interviews mit dem Maestro infrage gestellt. Der mittlerweile 74-jährige Regisseur sieht sich eher von Märchen, dem deutschen Expressionismus und Freudscher Traumdeutung inspiriert. Was sonst noch in den hypnotischen Bildern seines Meisterwerks steckt, wird von Marcus Stiglegger und Kai Naumann erläutert. In ihrem äußerst hörenswerten Audiokommentar verorten die beiden Filmwissenschaftler "Suspiria" u. a. in der Tradition der Avantgarde-Stilrichtung 'Cinéma pur', in der es nicht um die Narration, sondern um den künstlerischen Ausdruck ging – und veranschaulichen dabei, was sich analytisch alles aus einem anspruchsvollen Leinwanderzeugnis herausholen lässt.

Abgerundet wird die "4-Disc Limited Collector's Edition" mit einer CD des ebenfalls eindrucksvoll remasterten Soundtracks von Argentos Hauskapelle Goblin, deren psychedelischen und mit verstörenden Stimmgeräuschen durchmischten Klänge das akustische Äquivalent des berauschenden Italo-Gothic-Looks von "Suspiria" darstellen. Ein Grund mehr, warum jeder eingefleischte Genre-Cineast versuchen sollte, eines der seit Anfang November erhältlichen 4350 Mediabook-Exemplare zu ergattern. Mehr "Must-Have" geht nämlich nicht!

 

"Suspiria – In den Krallen des Bösen" (Originaltitel: "Suspiria") – Italien, 1977 (99 Min.)